Geschäftsmodell-Transformation: Vom Mut zur messbaren Profitabilität
Warum der Status quo das größte Risiko für Familienunternehmen darstellt
Ein aktueller Artikel auf SpringerProfessional¹ von Peter Kuhle und mir bringt es auf den Punkt: “Mehr Mut bei der Transformation von Geschäftsmodellen” ist gefragt. Als Gewinnarchitekt und Executive Interim Manager erlebe ich täglich, wie Geschäftsführer im produzierenden Mittelstand vor genau dieser Herausforderung stehen. Der Spagat zwischen bewährten Strukturen und notwendigen Innovationen wird zur entscheidenden Führungsaufgabe.
Die Statistiken sprechen eine klare Sprache. Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle nicht transformieren, verlieren binnen fünf Jahren durchschnittlich 23% ihrer Marktposition. Gleichzeitig zeigen erfolgreiche Transformationen Gewinnsteigerungen von 15-35% bereits im ersten Jahr nach der Implementierung.
Die versteckten Kosten des Abwartens
Warum Nichtstun teurer wird als Handeln
Viele Geschäftsführer familiengeführter Unternehmen zögern bei tiefgreifenden Veränderungen. Die Sorge vor Kannibalisierung bestehender Ertragsquellen ist verständlich. Doch die Realität zeigt: Das größte Risiko liegt im Festhalten an überholten Strukturen.
Konkrete Kostenfaktoren des Abwartens:
- Marktanteilsverluste von 3-8% pro Jahr bei stagnierender Innovation
- Preisdruck durch neue Wettbewerber mit 10-20% niedrigeren Kostenstrukturen
- Verlust hochqualifizierter Mitarbeiter an innovativere Arbeitgeber
- Sinkende Profitabilität durch veraltete Pricing-Modelle
Die Ambidextrie-Herausforderung meistern
Der SpringerProfessional-Artikel erwähnt die organisationale Ambidextrie als zentrale Herausforderung. In der Praxis bedeutet dies: Erfolgreiche Transformation erfordert parallele Führungsstrukturen für Bestandsgeschäft und Innovation.
Bewährte Lösungsansätze aus der Executive-Praxis:
- Profit-Center-Trennung: Separierte P&L-Verantwortung für etablierte und neue Geschäftsfelder
- Ressourcen-Allokation: 70% für Bestandsgeschäft, 20% für Optimierung, 10% für Disruption
- Führungsrotation: Erfahrene Manager zwischen beiden Bereichen rotieren lassen
Systematische Gewinnarchitektur statt zufälliger Innovation
Der datengestützte Transformationsansatz
Erfolgreiche Geschäftsmodell-Transformation folgt klaren Prinzipien. Statt auf Bauchgefühl zu setzen, nutzen profitabel wachsende Unternehmen systematische Analysen:
Phase 1: Gewinnpotenzial-Mapping
- Kundensegment-Profitabilitätsanalyse nach Zahlungsbereitschaft
- Wertschöpfungsketten-Optimierung mit 15-25% Margensteigerungspotenzial
- Pricing-Elastizitäten zur Identifikation unterbewerteter Leistungen
Phase 2: Marktvalidierung neuer Wertangebote
- A/B-Tests mit ausgewählten Kundensegmenten
- Prototyping-Ansätze mit maximal 90-Tage-Entwicklungszyklen
- ROI-Prognosen mit konservativen und optimistischen Szenarien
Phase 3: Skalierbare Implementierung
- Pilotprojekte mit definierten Erfolgskennzahlen
- Stufenweise Markteinführung nach bewährten Go-to-Market-Strategien
- Kontinuierliches Monitoring und Anpassung der Pricing-Strukturen
Konkrete Erfolgsbeispiele aus der Transformationspraxis
Maschinenbau-Unternehmen (2.800 Mitarbeiter):
- Ausgangslage: Stagnierende Margen bei etablierten Produktlinien
- Transformation: Service-orientierte Geschäftsmodelle mit Recurring Revenue
- Ergebnis: 28% Gewinnsteigerung binnen 18 Monaten
Elektroindustrie-Spezialist (1.200 Mitarbeiter):
- Herausforderung: Preisdruck durch asiatische Wettbewerber
- Lösung: Digitale Wertangebote und Premium-Positioning
- Performance: 22% höhere Profitabilität bei gleichzeitiger Marktanteilssteigerung
Digitalisierung als Gewinn-Multiplikator verstehen
Über Prozessoptimierung hinausdenken
Der referenzierte Artikel betont zurecht: “Viele Prozesse sind bereits digitalisiert, die Geschäftsmodelle selbst sind aber häufig beim Alten geblieben.” Diese Erkenntnis trifft den Kern des Problems im produzierenden Mittelstand.
Echte Digitalisierung bedeutet Geschäftsmodell-Innovation:
- Datengetriebene Pricing-Strategien: Dynamische Preisgestaltung basierend auf Nachfrageparametern
- Platform-Business-Models: Mehrparteien-Märkte zur Umsatzmultiplikation
- Predictive-Service-Angebote: Vorbeugende Wartung als Premium-Dienstleistung
Das Viessmann-Beispiel als Blaupause nutzen
Das im Artikel erwähnte Viessmann-Modell zeigt einen pragmatischen Weg auf. Die Ausgliederung einer Digital Unit (VC/O) ermöglichte fokussierte Innovation ohne Beeinträchtigung des Kerngeschäfts.
Übertragbare Erfolgsfaktoren für den Mittelstand:
- Autonomie mit Leitplanken: Klare Zielvorgaben bei maximaler operativer Freiheit
- Ressourcen-Commitment: Definierte Budgets für mindestens 24 Monate
- Reintegrations-Strategie: Von Beginn an geplante Rückführung erfolgreicher Innovationen
Pricing als Transformations-Katalysator
Preisgestaltung neu denken
Traditionelle Kostenplus-Kalkulation wird zum Wachstumshemmnis. Erfolgreiche Transformation erfordert wertbasierte Pricing-Ansätze, die Kundenzahlungsbereitschaften optimal ausschöpfen.
Innovative Pricing-Modelle für transformierte Geschäftsmodelle:
- Outcome-based Pricing: Vergütung nach erreichtem Kundenerfolg
- Subscription-Modelle: Planbare Recurring Revenue statt volatiler Projektgeschäfte
- Dynamic Pricing: Markt- und nachfragebasierte Preisanpassungen
- Freemium-Strategien: Grundleistungen kostenfrei, Premium-Features kostenpflichtig
Messbare Preisoptimierung in der Praxis
Fallstudie Kunststoffindustrie: Ein Familienunternehmen mit 1.600 Mitarbeitern implementierte wertbasierte Pricing-Strategien. Ergebnis: 19% Margensteigerung ohne Volumenverluste durch differenzierte Kundenansprache und segmentspezifische Preismodelle.
Führung in der Transformation: Mut durch Kompetenz
Die Interim-Lösung für kritische Phasen
Geschäftsmodell-Transformation überfordert oft bestehende Führungskapazitäten. Executive Interim Management bietet die notwendige Expertise ohne langfristige Personalverpflichtungen.
Typische Interim-Einsatzfelder:
- Transformations-Steuerung: Operative Führung von Veränderungsprozessen
- Go-to-Market-Entwicklung: Markteinführung neuer Geschäftsmodelle
- Pricing-Implementierung: Systematische Einführung neuer Preisstrukturen
- Change-Management: Kulturwandel und Mitarbeiterentwicklung
Nachhaltiger Wissenstransfer
Erfolgreiche Interim-Mandate enden mit gestärkten internen Strukturen. Durch systematisches Mentoring und Führungskräfteentwicklung bleiben Transformationserfolge auch nach Projektende bestehen.
Handlungsempfehlungen für den produzierenden Mittelstand
Sofort umsetzbare Schritte
1. Gewinnpotenzial-Analyse durchführen
- Systematische Bewertung bestehender Pricing-Strukturen
- Identifikation unterbewerteter Kundesegmente
- Analyse unausgeschöpfter Serviceoptionen
2. Digitalisierungs-Roadmap entwickeln
- Priorisierung nach ROI-Potenzial und Umsetzbarkeit
- Definition konkreter Meilensteine mit Erfolgskennzahlen
- Ressourcenplanung für parallele Innovation und Kerngeschäft
3. Externe Expertise strategisch nutzen
- Interim-Manager für kritische Transformationsphasen
- Spezialisierte Beratung für komplexe Pricing-Themen
- Technologie-Partner für Digitalisierungsvorhaben
Risikominimierung durch schrittweises Vorgehen
Erfolgreiche Transformation folgt dem 3-Horizonte-Modell:
- Horizont 1: Optimierung bestehender Geschäftsmodelle (70% der Ressourcen)
- Horizont 2: Ausbau angrenzender Märkte (20% der Ressourcen)
- Horizont 3: Entwicklung disruptiver Innovationen (10% der Ressourcen)
Fazit: Transformation als Chance zur Gewinnmaximierung
Der SpringerProfessional-Artikel trifft einen entscheidenden Punkt: Mut ist der Ausgangspunkt erfolgreicher Transformation. Als Gewinnarchitekt ergänze ich: Dieser Mut muss durch systematische Kompetenz und messbare Erfolgskontrolle flankiert werden.
Die Transformation von Geschäftsmodellen ist keine Frage des Ob, sondern des Wie. Unternehmen, die heute beginnen, gewinnen morgen Marktanteile. Wer wartet, verliert sie an mutigere Wettbewerber.
Nächste Schritte für Ihren Transformationserfolg
Identifizieren Sie Ihre größten Gewinnpotenziale. Entwickeln Sie systematische Transformationsansätze. Setzen Sie auf bewährte Interim-Expertise für kritische Erfolgsphasen.
Profitables Wachstum entsteht nicht durch Zufall, sondern durch strategische Gewinnarchitektur. Welche ungenutzten Potenziale schlummern in Ihrem Geschäftsmodell?
Quellen
¹ Lettmann, S., Kuhle, P., SpringerProfessional: “Mehr Mut bei der Transformation von Geschäftsmodellen”, abgerufen am 13.07.2025 https://www.springerprofessional.de/transformation/innovationsmanagement/mehr-mut-bei-der-transformation-von-geschaeftsmodellen/18304020
Weitere Quellen:
- McKinsey Global Institute: “The Age of Analytics: Competing in a Data-Driven World” (2016)
- BCG: “How to Jump-Start Your Digital Transformation” (2020)
- Deloitte: “Future of Work in Manufacturing” (2019)
- Harvard Business Review: “The Ambidextrous Organization” (2004)
- MIT Sloan Management Review: “Competing Through Business Models” (2018)
Siegfried Lettmann ist Gewinnarchitekt und Executive Interim Manager für Vertrieb, Marketing und Pricing. Als zweifacher “Interim Manager des Jahres” unterstützt er Familienunternehmen bei der profitablen Transformation ihrer Geschäftsmodelle.