Fehler sind etwas Wundervolles. Selten kann man so prägnant Lerneffekte erzielen, um Personen und Organisationen weiterzuentwickeln. Das möchte man wenigstens meinen. Tatsächlich wiederholen sich Fehler in Unternehmen aber oft. Wie man besser Fehler macht …

Fehler gibt es wie Sand am Meer. So viele, dass es inzwischen sogar eine ganze Liste an Klassifikationen zu ihnen gibt. Sie können fertigkeitsbasiert sein, regelbasiert, wissensbasiert – und in jeder Klasse lassen sich noch Untergruppen definieren. In der Forschung ist man inzwischen an einer Stelle, wo noch zwischen „Ausrutschern“ und „Versehen“ unterschieden wird.1Vgl. dazu beispielsweise „Der Einfluss der Erkenntnisse aus der Fehlerforschung und der Verhaltenspsychologie auf die Fahrlässigkeitshaftung am Beispiel des Medizinstrafrechts“. Diplomarbeit von Dr. Alexander Franz an der JKU Linz, 2020. S. 20f.

Für Unternehmen sind Fehler in mehreren Hinsichten interessant. Grundsätzlich möchte man sie natürlich vermeiden – wenn diese Option aber bereits passé ist, sollte man wenigstens versuchen, aus ihnen zu lernen. Speziell in Deutschland ist immer wieder von einer schlechten (oder gar völlig katastrophalen2Carsten Rath: Deutschland braucht eine neue Fehlerkultur. Auf: Welt.de, Juni 2018. Link zum Text: https://www.welt.de/wirtschaft/bilanz/article178370014/Unternehmensfuehrung-Deutschland-braucht-eine-neue-Fehlerkultur.html.) Fehlerkultur die Rede.

Wer bei Fehlern in erster Linie die Schuldfrage stellt, wird aus ihnen nicht effektiv lernen können. Wesentlich sinnvoller ist es, zu fragen, wie Pannen entstanden sind. Gibt es organisatorische oder prozessspezifische Zustände, die Probleme wahrscheinlicher machen?

Natürlich geht es am Ende nicht darum, dass wir uns über jeden Fehler freuen werden – aber sehr wohl spielt es eine Rolle, produktiv mit ihnen umzugehen. Noch können viele Unternehmen das nicht. Fehler machen gehört sich (noch) nicht. Und das, obwohl uns die Biologie lehrt: Fehler sind ganz wichtige Faktoren der evolutionären Weiterentwicklung.

In Unternehmen macht die „Deming´sche Reaktionskette“ klar, warum Fehlerlernen kritisch ist: Eine höhere Qualität führt zu höherer Produktivität führt zu geringeren Kosten führt zu sichereren Arbeitsplätzen – und endlich zu mehr Gewinn.

Fehlerkultur als Basis für organisationales Lernen aus Fehlern

Die wichtigste Voraussetzung, um tatsächlich aus Fehlern lernen zu können, ist eine gute Fehlerkultur. Das zeigt uns die Geschichte. Mit dem Siegeszug Toyotas in den 1980er und 90er-Jahren sind manche Ideen der japanischen Arbeitsweisen auch in Europa interessant geworden. Darunter auch das Konzept von „poka yoke“ (poka = „unbeabsichtigter Fehler“; yoke = „Verminderung“). Ideen daraus haben auch europäische Qualitätssicherungen übernommen. Es kam zu Entwicklungen wie der „Null-Fehler-Strategie“ oder TQM (Total Quality Management).3Elke M. Schüttelkopf und Ulrich Vogel: Betriebliches Lernen aus Fehlern. In: Martin Gartmeier et al. [Hrsg.]: Fehler – Ihre Funktionen im Kontext individueller und gesellschaftlicher Entwicklung. Waxmann, Münster 2015. S. 245ff.

Aber: Zu einem besseren Umgang mit Fehlern haben diese Zugänge nicht geführt. Weder wurden sie konstruktiver verarbeitet, noch wurden sie eher gemeldet. Fehlermanagement ist eine gute Idee – die aber erst greifen kann, wenn die Fehlerkultur gut ist. Und die eigentliche Fehlerkultur ist in erster Linie etwas Zwischenmenschliches.4ebd.

„Mehr Anweisungen“ werden das Fehlerlernen deshalb nicht verbessern, sehr wohl aber die Ausbildung eines passenderen Bewusstseins. Fehler kann man nicht verbieten, sie passieren üblicherweise ohne schlechte Absicht. Es sollte deshalb auch immer beobachtet werden, ob sie aus Unachtsamkeit etc. geschehen sind – dann sollte man sich ansehen, wie man Prozesse eventuell optimieren könnte – oder ob fehlendes Wissen dahinter steckt, das dann natürlich behoben werden sollte. Sehr oft sind spezifische Umstände die Auslöser für Fehler, nicht die Personen.

Workshops als Startpunkt

Um die allgemeine Einstellung zu Fehlern zu verändern, sind Workshops ein guter Startpunkt, um die Mitarbeiter emotional für das Thema zu aktivieren. Bis sich neue Einstellungen wirklich im Alltag durchsetzen, braucht es aber dauerhaften Einsatz der Führungskräfte, die auf dieses Thema deshalb gut vorbereitet sein sollten.

Das betrifft auch die so wichtige Vorbildfunktion. Fehlerkompetenz betrifft nicht nur die Mitarbeiter, sondern speziell auch die Führungskräfte selbst. Eine Führungsperson, die andere in der Fehlertoleranz unterweisen will, selbst aber nicht die kleinste Verfehlung zugeben möchte, wird nicht glaubhaft auftreten können. Fehler einzugestehen benötigt Mut. Ein kleines Heads-up am Rande: Studien zeigen, dass Führungskräfte, die Fehler eingestehen, nicht für unfähig gehalten werden, sondern ganz im Gegenteil enorm an Glaubhaftigkeit und Vertrauen gewinnen.

Wichtig ist es auch, dass gute Prozesse bereitstehen, die eine Bearbeitung der Probleme und damit organisationale Lerneffekte ermöglichen. Wer einen Fehler meldet, sollte etwa sehen, dass dieser vorurteilslos aufgearbeitet wird. In wiederkehrenden, abteilungsweisen Gruppengesprächen können gemeldete Fehler abschließend besprochen werden, und gemeinsam ergründet, ob die Auslöser behoben sind. Veränderungen in Abläufen und dergleichen können darüber hinaus auch auf innerbetrieblichen Wissensplattformen transparent gemacht werden, so dass Verbesserungen greifbarer und transparenter werden.

In vielen Unternehmen werden solche Prozesse zuerst ungewohnt sein, deshalb sollten sie gut integriert und kommuniziert werden. Das ist immer auch Sache des Managements. Führungspersonen, die solche Gespräche mit den Mitarbeitern moderieren und anleiten, sollten auf diese Rolle gut vorbereitet sein.

Eigeninitiative, Selbstwirksamkeit und Fehlerkompetenz

Eine Analyse diverser Studien zum Thema ergab übrigens teilweise starke Korrelationen zwischen Fehlerkompetenz, Eigeninitiative und Selbstwirksamkeit. Man weiß darüber hinaus, dass Eigeninitiative durch das Nachdenken über Fehler gestärkt wird.5Vgl.: Martin Gartmeier: Fehlerfreundlichkeit im Arbeitskontext: Positive Einstellungen gegenüber Fehlern und negatives Wissen als Ressourcen professionellen Handelns. Dissertation, Uni Regensburg 2009. S. 119–121. Das heißt: Schon wenn man es schafft, dass über Fehler offen gesprochen werden kann, sollte das positive Effekte nach sich ziehen.

Eine aktive Arbeit am besseren Umgang mit Fehlern zahlt sich auf jeden Fall aus. Das gilt für alle Organisationen, aber speziell etwa auch in Industrieunternehmen, wo Fertigungsprozesse und dergleichen über oft viele Stufen reichen, ist es sehr wichtig, dass Fehler zuverlässig und rasch gemeldet werden.

Fehler passieren, und werden das auch immer tun. Die Frage ist aber, was man daraus macht und wie man ihre Wiederholung vermeidet. In der Praxis gibt es viele Fehler, die sich unnötig wiederholen. Das liegt auch daran, dass ihre Voraussetzungen sich nicht geändert haben. Unter dem Strich haben Fehler immer auch eine monetäre Auswirkung, die man nicht unterbewerten sollte. Verbesserungen machen sich jedenfalls bezahlt.

Bild: Kenishirotie/stock.adobe.com

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Vgl. dazu beispielsweise „Der Einfluss der Erkenntnisse aus der Fehlerforschung und der Verhaltenspsychologie auf die Fahrlässigkeitshaftung am Beispiel des Medizinstrafrechts“. Diplomarbeit von Dr. Alexander Franz an der JKU Linz, 2020. S. 20f.
2 Carsten Rath: Deutschland braucht eine neue Fehlerkultur. Auf: Welt.de, Juni 2018. Link zum Text: https://www.welt.de/wirtschaft/bilanz/article178370014/Unternehmensfuehrung-Deutschland-braucht-eine-neue-Fehlerkultur.html.
3 Elke M. Schüttelkopf und Ulrich Vogel: Betriebliches Lernen aus Fehlern. In: Martin Gartmeier et al. [Hrsg.]: Fehler – Ihre Funktionen im Kontext individueller und gesellschaftlicher Entwicklung. Waxmann, Münster 2015. S. 245ff.
4 ebd.
5 Vgl.: Martin Gartmeier: Fehlerfreundlichkeit im Arbeitskontext: Positive Einstellungen gegenüber Fehlern und negatives Wissen als Ressourcen professionellen Handelns. Dissertation, Uni Regensburg 2009. S. 119–121.

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