Interim Manager im Vertrieb: Geht das überhaupt?
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Interim Manager begegnen einigen Vorbehalten. Diese betreffen auch den Einsatz im Vertrieb. Gleichzeitig gehört der Vertrieb aber zu den häufigst nachgefragten Bereichen. Passt das zusammen? Und passt ein Interim Manager überhaupt in den Vertrieb?
Interim Management: gepriesen und kritisiert
Beim Thema „Interim Management“ prallen Welten aufeinander. Für die einen ist es die flexible Dienstleistung, die die Unternehmen heute brauchen – andere sind den Interim Managern gegenüber eher skeptisch eingestellt. Während die Kritiker erleichtert feststellen, dass sie keinen Bedarf haben, schreiben Firmen, die diese Dienstleistung beansprucht haben, stolz bessere Zahlen als vor dem Einsatz. So hat etwa die Helmut-Schmidt-Universität festgestellt, dass 85,7 % der Einsätze durch einen positiven Return on Investment gekennzeichnet sind. Das deckt sich mit einer Studie der Ludwig Heuse GmbH. Diese wiederum besagt, dass nur fünf Prozent der Einsätze Kosten verursachen, etwa 9 % ihre Kosten einspielen und beim Rest der Fälle der Gewinn die Kosten deutlich übersteigt. In jedem fünften Fall sogar um das Zehnfache. Markterhebungen zeigen gleichzeitig, dass sich das Interim Management in der Unternehmenswelt längst etabliert hat. Deutschland etwa ist in den letzten Jahren zum Interim Management-Land Nummer 1 weltweit avanciert, und in Österreich hat sich die Nachfrage seit 2017 mehr als verdreifacht. Manche Vorbehalte halten sich dennoch immer noch.
Ein Externer will mir sagen, was zu tun ist!?
Ein häufiger Einwand ist jener, dass eine betriebsfremde Person in das Unternehmen kommt und dann der Stammmannschaft erklären wolle, was alles nicht stimme. Eine solche, emotional geprägte Meinung kann man nicht leicht entkräften. In der Praxis sieht das aber trotzdem anders aus: Der Interim Manager kommt nicht einfach so und ist auch nicht daran interessiert, Vorschläge zu machen, die seinem Auftraggeber zuwiderlaufen oder kulturell nicht zum Unternehmen passen. Üblicherweise wird im Vorhinein genau festgelegt, wofür die interimistische Führungskraft zuständig sein wird und wofür nicht. Im Rahmen ihrer Zuständigkeit wird sie aus einer möglichst objektiven Perspektive aufzeigen, welche Möglichkeiten es gibt, die zuvor vereinbarten Ziele zu erreichen. Ein Interim Manager muss kulturell zum Unternehmen passen, das stimmt schon.
Was sich in der Praxis außerdem zeigt: Die Belegschaft hat in den seltensten Fällen ein Problem mit dem externen Spezialisten, sobald sie ihn einmal bei der Arbeit erlebt hat und feststellen kann, dass der Interim Manager ihr „nichts wegnehmen will“, sondern eigentlich als Unterstützung an Bord ist. Vor allem bei den häufigen Change-Mandaten, etwa bei Digitalisierungsprojekten oder, um die agile Transformation voranzutreiben, ist es für die Manager auf Zeit wichtig, die Belegschaft hinter sinnvollen Maßnahmen zu einigen. Dafür treten sie betont unvoreingenommen auf und interessieren sich auch tatsächlich für die Belange der Mitarbeiter. Denn schnelle Ergebnisse schaffen sie zumeist nur mit deren Hilfe. Fakt ist also: Einzelne solcher Unkenrufe gibt es fast immer, wenn Interim Manager eingesetzt werden – sie treffen auch andere externe Dienstleister –, so gut wie alle verstummen sehr rasch. Und Widerständen sind bei Veränderungsvorhaben auch fest angestellte Führungspersonen ausgesetzt. Diese haben manchmal nur nicht so gut gelernt, damit umzugehen, wie die Change-erfahrenen Interim Manager. Widerstand ist in einem Change Prozess sogar notwendig, sonst scheitert er meist.
Der ist interim, weil er sonst keinen Job findet!
Ein weiterer landläufiger Einwurf, der aber an der Realität (weit) vorbeigeht. Facherfahrene Führungskräfte sind ein begehrtes Gut und werden immer mehr zur Mangelware. Um auf dem Interim-Markt erfolgreich sein zu können, muss man zwangsweise die eigene, hervorragende Eignung und eine ganze Reihe an Erfolgsgeschichten nachweisen können, um das Vertrauen der anfragenden Unternehmen gewinnen zu können. Von daher ist es eine irrige Annahme, dass dieselbe Person nicht auch einen fixen Posten bekommen würde. Interim Manager müssen beständig am Zahn der Zeit sein, was ihr Know-how betrifft, viel Erfahrung mitbringen, Führungs- und Umsetzungsstärke beweisen und dazu noch gute Strategen sein. Das alles macht sie zu guten Interim Managern – und auch zu guten Managern, also Kandidaten für eine feste Anstellung. Noch dazu sind Interim Manager sehr geübte Verhandler, was ihnen einen weiteren Vorteil einbringen würde. Erfolgreiche Interim Manager bekommen deshalb auch von ihren Kundenunternehmen nicht selten das Angebot, doch fix an Bord zu bleiben.
Während der genannte Einwand auf einen ganz frischen Interim Manager also zutreffen kann, ist es bei erfahrenen Anbietern tatsächlich so, dass sie gar keine feste Position wollen. Sie müssen nicht, sondern wollen selbstständig sein, und finden in ihrem Job Abwechslung und immer neue Herausforderungen. Das ist es, was sie antreibt. Und die anderen fallen aus dem Interim-Markt wieder heraus. Und bleiben damit ohnehin nur auf Zeit Manager auf Zeit. Diese Frage ist auch in Umfragen häufig gestellt worden und wurde vonseiten der Interim Manager klar beantwortet: Die bei Weitem meisten haben nicht vor, jemals wieder in eine Festanstellung zu wechseln.
Ein Interim Manager im Vertrieb? Was werden meine Kunden denken …
Ein Unternehmensbereich, in dem es viel Für und Wider zum Thema Interim Management gibt, ist der Vertrieb. Gleichzeitig zeigt aber die oben angesprochene Studie von Heuse (auf Deutschland bezogen), dass mehr als jede zehnte Anfrage den Vertrieb betrifft. Hier, an einer der wichtigsten Schnittstellen zum Kunden, steht bei vielen Entscheidungen die Frage im Raum, was der Kunde denken wird. So auch beim Einsatz eines Interim Managers. Brennt es schon, weil eine interimistische Führungskraft an Bord geholt werden musste? Kann man überhaupt langfristige Abmachungen mit jemandem treffen, der mitunter nur wenige Monate das Ruder führt?
Dieses vermeintliche Problem auf Kundenseite ist mir in meiner Praxis noch nie untergekommen. Hier darf man zuerst nicht vergessen, dass die Vertriebsführung als Teil der Gesamtunternehmenssteuerung eher auf einer strategischen Ebene operiert und ohnehin nur teilweise Kundenkontakt hat. Und wenn, eher nur mit den ganz wichtigen Kunden. Hier ist dann eher das Gegenteil der Fall: Der Kunde fühlt sich respektiert, wenn er sieht, dass man extra einen Experten „angemietet hat“, damit er einen professionellen Ansprechpartner hat. Das ist auch eine Chance für eine weitere Professionalisierung der Zusammenarbeit, der Interim Manager kommt ja üblicherweise auch mit klaren Aufträgen und soll eine nachhaltige Verbesserung herbeiführen. Gerade im Vertrieb betrifft das auch die Kunden. Diese begrüßen das üblicherweise.
Für den Kunden ist eine Leerstelle das wesentlich größere Problem. Vor allem im Vertrieb machen sich unbesetzte Posten oft erst langfristig negativ bemerkbar.
Der Vorteil des Fremden: Die Relevanz der Branchenerfahrung
Ein interessanter Vorbehalt findet sich in der Meinung, dass ein Externer nicht gut interne Probleme lösen könne, weil er das Unternehmen und sein Umfeld dafür viel besser kennen müsste – so gut wie ein jahrelanger Mitarbeiter. In der Praxis hängt das aber eher von der Rolle ab, die eine bestimmte Person einnehmen soll. Tatsächlich zielen viele Einsätze gerade darauf ab, die objektivere Sicht produktiv einzusetzen. „Frischen Wind“ einzubringen gehört zu den wichtigsten Kriterien für die Auftraggeber. Ein Interim Manager sieht seine Aufgaben auch relativer, weil er ähnliche schon in anderen Betrieben übernommen hat. Die breitere Perspektive macht sich etwa in der Ursachenforschung bei Problemen schnell bezahlt. Der frische Wind ist meistens sehr willkommen.
Oft gelten die Mandate auch inhaltlich der Veränderung, und sollen neue Wege beschreiten, neue Chancen eröffnen und bisher nicht ausgereizte Potenziale nutzbar machen. Bei der Suche nach wirklich innovativen Lösungen kann ein Zuviel an spezifischer Branchenerfahrung sogar hinderlich sein. Es ist schwer, B zu denken, wenn man jahrelang das Denken von A eingeübt hat.
„Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ (Einstein zugeschriebenes Zitat – in Wahrheit ist es wohl nicht von ihm.)
Langjährige Erfahrung bedingt deshalb auch eine gewisse Betriebsblindheit, einen Wahrnehmungstunnel. Viele Aspekte etwa einer Kundenbeziehung bürgern sich einfach irgendwann ein und werden nicht mehr aktiv erörtert. Die Stammmannschaft hat gewisse Dinge so oft ausgesprochen und erläutert, dass angenommen wird, der Kunde sei ohnehin im Bilde und „eh alles klar“. Das birgt die Gefahr, dass der Kunde unterinformiert ist oder Veränderungen der Kundenanforderungen gar nicht rechtzeitig wahrgenommen werden. Oft wird auch die Kenntnis um die Kundenanforderungen aus der Branchenerfahrung abgeleitet. Doch ist das wirklich so? Langjährige Branchen- und Produktkenntnisse verleiten manchmal auch zur routinemäßigen Argumentation über das Produkt und machen blind gegenüber Veränderungen im Zeitablauf. Ich habe das oft genug in der Praxis erlebt. Der individuelle Kundenwunsch kann dabei schnell ins Hintertreffen geraten.
Die „neuen Ohren“ fangen Details auf, die der fixen Belegschaft unter Umständen entgangen wären, vor allem, weil ein Interim Manager aus Erfahrung diese „selbstverständlichen“ Dinge hinterfragt. Der firmenfremde Manager auf Zeit kann unter anderem gerade deswegen ein Wettbewerbsvorteil sein, weil er zuvor festgelegte Ansätze mit neuen Fragen und Denkweisen auffrischt.
Also, geht ein Interim Manager im Vertrieb?
Gerade im Vertriebssektor ändert sich in den letzten Jahren vieles, aktuellstes und stetig erneuertes Fachwissen ist gefragt. Insbesondere, wenn es um die Modernisierung von Geschäftsmodellen, den Einsatz von digitalen Technologien, den Eintritt in neue Märkte, die Identifikation und Durchdringung neuer Zielgruppen, den Aufbau von Vertriebsgesellschaften oder die Entwicklung einer differenzierenden Positionierung im Markt geht. Für die Entwicklung neuer Zugänge sind andere Fähigkeiten notwendig als bei der späteren, routinemäßigen Weiterentwicklung des existierenden Geschäfts. Spezialisten sind gefragt, aktuelle Kenntnisse, umfangreiches Fachwissen, moderne Methoden und natürlich im Falle von Führungskräften wie einem Vertriebsleiter auch Führungskompetenz – umso mehr, je dynamischer das Umfeld wird. Interim Manager haben sich nicht umsonst derartig im Unternehmensleben etabliert: Wir stellen eine Möglichkeit dar, am Zahn der Zeit zu bleiben und immer der Unternehmenssituation entsprechend bestmöglich aufgestellt zu sein.
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Ja, das geht sogar sehr gut. Meine eigene berufliche Aktivität beweist das schon. Worauf kommt es im Vertrieb an? Es geht um die Fähigkeit, Geschäfte zu entwickeln. Es geht um die Fähigkeit, im Gespräch eine Beziehung zu Kunden herzustellen. Es geht um überzeugende Argumentationen, den Aufbau von Vertrauen und die klare Herausarbeitung des eigenen „komparativen Konkurrenzvorteils“. Häufig geht es im Vertrieb auch um die Themen Multi-Projektmanagement oder die Optimierung der Vertriebsstrategie, von Vertriebsprozessen oder -strukturen – auch mit Hilfe moderner Technologien (Stichwort „Digitalisierung im Vertrieb“). Interim Management lässt sich sogar sehr gut mit diesen und weiteren Vertriebsthemen vereinbaren. Und gerade bei herausfordernden Veränderungsvorhaben sind Interim Manager meistens im Vergleich zu einer rein internen Abhandlung sogar ein Vorteil – einfach aufgrund ihrer umfassenden Ausbildung in diese Richtung und ihrer Erfahrung. Faktoren, die die Stammbelegschaft und die Linienführung oft einfach noch nicht entwickeln konnten. Wie bereits angedeutet: Für derartige Vorhaben braucht man ganz andere Fähigkeiten als zur stabilen Führung des Routinegeschäftes. Interim Manager bringen diese Fähigkeiten ein.
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